Innere und äußere Emigration: Max Beckmann
* 1884 in Leipzig, † 1950 in New York

Aspekte des Lebenslaufs (1. Teil):
  • Studium in Weimar; Stipendium in Florenz; Beginn der Karriere in Berlin; Sanitätsdienst im 1. Weltkrieg; Bruch mit dem eigenen Stil; in Frankfurt: Karriere und Anerkennung
  • Seit 1932 von den Kampagnen der Nazis betroffen
  • Nach der Machtergreifung 1933: 
  • Kündigung als Städellehrer
  • Übersiedlung nach Berlin, Austellungsverbote, 
  • Beginn der sog. „Schandausstellungen“
  • 1937 als Entarteter Künstler in München ausgestellt, ca 600 Arbeiten von den Nationalsozialisten beschlagnahmt 
  • 18. Juli 1937: Hitlers Rede zur Eröffnung der Großen Deutschen Kunstausstellung
  • 19. Juli 1937: Emigration nach Amsterdam

1937 Selbstbildnis im Frack, Berlin

Das Motiv der gefährdeten Existenz, formale Merkmale:
  • Figur: Gestik, Mimik, Ausarbeitung
  • Raumkomposition
  • Zusammenspiel von Figur und Grund

1938 Hölle der Vögel, Amsterdam

Ikonographische Aspekte des konkreten Zeitbezuges:
  • Hitlergruß und Masse
  • Fruchtbarkeitsgöttin, „Blut und Bodenideologie“
  • Deutscher Adler und verängstigte Opfer
  • „Paradiesvögel“
  • Ambivalente Ikonographische Elemente:
  • Stillebenarrangement
  • Ort: -Hölle, - Keller
  • Tor: -Ofen, - Trichter
Metaphorische Deutung:
  • Exzessive, grelle Farbigkeit und Brutalität des Themas
  • Ekstatische Malweise und orgiastische Aktion
  • Metapher des Alptraums menschlicher Perversion
  • Metapher der im Individuum begründeten Hölle

1937 Der Befreite, Amsterdam

1938 Selbstbildnis mit Horn, Amsterdam

1938 Vortrag in London über den

„...Mythos des Raums als der Mythos der unendlichen Gottheit, das Schwarz als Teilaspekt eines umfassenden Gottes und die Sehnsucht, ein „Selbst“, ein „Ich“ in ewiger, unvergänglicher Form zu werden...“

Formale Merkmale:
  • Das Dunkel durchdringt die Figur, löst sie auf
  • Der Raum wirkt unbestimmt, ungewiss
Ikonographische Aspekte:
  • Das Horn als Attribut des Künstlers, Verkünders
  • Hier als Metapher des Horchens, des Geheimnisvollen
  • Der pessimistische, wartende Blick, Introversion
  • Das Insichgekehrtsein und Aufsichselbstbezogensein in der Stille der Nacht
  • Die Dimension der „Inneren Emigration“

1940 Im Artistenwagen, Amsterdam

„Das Eine ist sicher, Stolz und Trotz den unsichtbaren Gewalten soll nicht aufhören, möge das Allerschlimmste kommen.“ 1940

  • Zynismus, Verachtung, Rückzug, Absonderung
  • Individuelle künstlerisch-metaphorische Elemente:
  • Zirkus als Metapher des Lebens und Künstlerseins
  • Abschirmung von der Außenwelt und dem Alltäglichen
  • Introversion und Kontrolle (Zirkusdirektor)
  • Reiner Bezug auf sich selbst und das Vergangene (Zeitung)
Inhaltliche Thesen:
  • Der Ausbruch in die Ungewißheit der Nacht führt in die Vergeblichkeit.
  • Der Rückzug in die Absonderung führt zum Verlußt der Beziehung zur Außenwelt, zu den Mitmenschen und zur Bitterkeit.
  • Er stellt aber das momentan einzig mögliche Licht, die einzig mögliche Existenzform dar.

1941 Doppelbildnis mit Quappi, Amsterdam

Aspekte des Lebenslaufs (2. Teil):
  • 1939 Öffentliche Verbrennung beschlagnahmter Bilder durch die Nationalsozialisten
  • 10. Mai 1940 Einmarsch deutscher Truppen in Holland
  • 1941 mißlingt die Flucht nach Amerika
  • Erst 19. August 1947 Emigration in die USA
Haltung, Gestik, Mimik:
  • Quappi: Schutz und Stütze
  • Beckmann: Herrisch, Widerspenstisch und Unsicher, Ungelenk
  • Beckmann: Mißtrauen, Einsamkeit, Insichgekehrtheit
Ikonographische Aspekte:
  • Attribute des Weltbürgers: Klappzylinder aus London, Spazierstock
  • Abgeschnittenheit, Auswegslosigkeit des Raumes
  • Farbige Gliederung und Anschnitte
  • Unsicherheit
Inhaltliche Bedeutung:
  • Metapher der Isolation und der Verbindung des Paares zueinander als einziger Bezug zur Welt

1944 Quappi in Blau und Grau, Amsterdam

1947 Luftballon mit Windmühle, Amsterdam, NewYork

„Noch immer kann ich mich nicht zurechtfinden in der Welt, die gleiche maßlose Unzufriedenheit wie vor 40 Jahren erfüllt noch mein Herz...Oh no, schlecht ist das Leben - ist die Kunst. - Aber was ist besser?-das ferne Land - rette mich oh großer Unbekannter -.“

Ikonograhpische Aspekte:
  • Motive des Gefangenseins und Eingeschlossenseins
  • Situationen körperlicher Qual und menschlicher Unfreiheit, Machtlosigkeit und Unfreiheit
  • Apokalyptische Scenerie, Sintflut und Weltenbrand
  • Gitterartige, schwarze Glasfensterstruktur und Fesselungsmotiv
  • Windmühle als Motiv der sinnlosen Wiedergeburt
  • Käfig als Motiv der im Körper eingekerkerten Seele
  • BRASITH ELOHIM Kabbalistische Geheimlehre, Demiurgen und Negative Schöpfung
  • Ballon bietet keine Hoffnungszeichen
  • Inhaltlicher Ausdruck depressiver Stimmungslage und pessimistischer Weltsicht
  • Verschlüsselt mit Motiven unterschiedlicher Religionen (Kabbala, Gnostik, Indische Mythologie und Theosophie)